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Dieser Beitrag beschreibt die Hinrichtung einer Frau durch die US-Bundesregierung am 7. Juli 1865. Er wird ausschließlich zur historischen Aufklärung und zum Gedenken an die Opfer des Lincoln-Attentats sowie an die Komplexität der Justiz nach dem Burgerkrieg geteilt.
Die erste Frau, die jemals von der US-Regierung gehängt wurde – Mary Surratt (1823–1865)

Mary Surratt
Am 7. Juli 1865 um 13:26 Uhr, unter der sengenden Sonne Washingtons, sturzte die 42-jährige Witwe Mary Elizabeth Surratt im Old Arsenal Penitentiary (heute Fort Lesley J. McNair) von einem hastig errichteten Galgen. Sie war die erste – und ist bis heute die einzige – Frau, die jemals auf Befehl der US-Bundesregierung hingerichtet wurde.
Mary besaß eine Pension in der H Street NW 604 in Washington, D.C., und eine Taverne in Clinton, Maryland. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1862 kämpfte sie mit Schulden, während ihre Söhne offen die Konföderation unterstutzten. Ab Ende 1864 wurde ihre Pension zu einem regelmäßigen Treffpunkt fur John Wilkes Booth, Lewis Powell, David Herold, George Atzerodt und andere. In ihrer Taverne in Maryland wurden Waffen gelagert; am Tag des Attentats (14. April 1865) reiste sie zweimal dorthin mit der Anweisung, dass die Schusswaffen noch in derselben Nacht bereitliegen mussten.

Mary Surratts Pension
Drei Tage später wurde sie verhaftet. Eine neunköpfige Militärkommission klagte sie und sieben Männer wegen „verräterischer Verschwörung“ zur Ermordung Abraham Lincolns an. Nach siebenwöchiger Verhandlung benötigte die Kommission nur zwei Tage, um sie fur schuldig zu befinden und zum Tode zu verurteilen. Funf der neun Kommissionsmitglieder wandten sich heimlich mit einer Petition an Präsident Andrew Johnson, in Anbetracht ihres Geschlechts und Alters ihr Leben zu verschonen. Johnson behauptete später, die Petition nie gesehen zu haben.
Am Morgen des 7. Juli 1865 wurde Mary Surratt – in Schwarz gekleidet, verschleiert und von zwei Priestern gestutzt – vor uber tausend Zuschauern zum Schafott gefuhrt. Lewis Powell, der neben ihr saß, rief plötzlich: „Mrs. Surratt ist unschuldig. Sie hat es nicht verdient, mit uns allen zu sterben.“
Auf die Frage, ob sie noch letzte Worte habe, antwortete sie leise: „Ich bin unschuldig… Bitte lasst mich nicht fallen.“

Das Kriegsministerium in Washington setzte eine Belohnung von 100.000 Dollar fur die Ergreifung von John Wilkes Booth und seinen Mitverschwörern John Surratt Jr. und David Herold aus.
Augenblicke später schnappten die Fallen zu. Mary war sofort tot. Fotografien von Alexander Gardner zeigen ihren Körper, wie er neben den drei Männern hängt.
Die Hinrichtung löste sofortige Empörung aus. Viele Amerikaner, die Tage zuvor noch schnelle Gerechtigkeit gefordert hatten, waren entsetzt uber den Anblick der Frau am Galgen. Innerhalb weniger Monate erklärte der Oberste Gerichtshof Militärprozesse gegen Zivilisten fur verfassungswidrig, solange Zivilgerichte geöffnet waren (Ex parte Milligan, 1866). Mary Surratts Sohn John Jr., der später gefasst wurde, entging aufgrund dieses Urteils dem Galgen.

Lincoln-Attentäter werden am Galgen gehängt
Ihre Schuld oder Unschuld ist bis heute heftig umstritten. Manche sehen in ihr eine wissentliche Mittäterin, die „das Nest behielt, aus dem das Ei schlupfte“; andere glauben, sie sei lediglich dafur verurteilt worden, dass sie als mit den Konföderierten sympathisierende Mutter zur falschen Zeit im falschen Haus war.
Wir gedenken heute Mary Surratt nicht, um ein endgultiges Urteil uber ihre Schuld oder Unschuld zu fällen, sondern um das Andenken an Abraham Lincoln und alle Opfer jener schrecklichen Nacht zu ehren; um zu erkennen, wie Trauer und der Durst nach Rache manchmal rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft setzen können; und um zu bekräftigen, dass die Hinrichtung einer Frau durch den Staat – insbesondere unter umstrittenen Umständen – immer schwer auf dem Gewissen einer Nation lasten muss.
Offizielle und seriöse Quellen
Nationalarchiv – Akten des Generalanwalts, Militärkommissionsfälle, 1865 (RG 153)
Steers, Edward Jr. – Der Prozess: Die Ermordung Abraham Lincolns und das Militärtribunal (University Press of Kentucky, 2003)
Swanson, James L. – Manhunt: Die 12-tägige Jagd nach Lincolns Mörder (HarperCollins, 2006)
Zeitschrift der Abraham Lincoln Association – „Der Lincoln-Verschwörerprozess“ (verschiedene Ausgaben)
Library of Congress – Fotografien von Alexander Gardner von der Hinrichtung, 7. Juli 1865




