Der Todesfall im Altbau – Frankfurt am Main
Am frühen Morgen eines regnerischen Dienstags wurde im zweiten Stock eines alten Wohnblocks im Frankfurter Stadtteil Gallus die Leiche eines 52-jährigen Mannes gefunden. Der Körper lag reglos im schmalen Flur des Gebäudes, zwischen Briefkästen und einer Treppe, die von Jahrzehnten intensiver Nutzung abgenutzt war. Zunächst deutete wenig auf ein Verbrechen hin.
Der Mann, der allein lebte und von Nachbarn als ruhig und zurückgezogen beschrieben wurde, wies keine sichtbaren Abwehrverletzungen auf. Seine Geldbörse befand sich noch in der Jackentasche, das Mobiltelefon lag unbeschädigt neben ihm. Auch Hinweise auf einen Einbruch oder eine Auseinandersetzung fehlten. Die ersten Einsatzkräfte gingen daher von einem tragischen Unfall aus.

Die Obduktion bestätigte zunächst diese Annahme. Der Tod trat infolge eines schweren Schädel-Hirn-Traumas ein, verursacht durch einen Sturz. Der Zeitpunkt des Todes wurde auf die späten Nachtstunden geschätzt. Doch bereits wenige Stunden später begannen sich Zweifel an der Unfalltheorie zu mehren.
Mehrere Bewohner des Hauses berichteten unabhängig voneinander, dass der Boden im Flur regelmäßig spätabends oder nachts feucht gewesen sei. „Es war fast schon normal, dass man vorsichtig gehen musste“, sagte eine Nachbarin aus dem dritten Stock. Auffällig sei jedoch gewesen, dass es keinen offiziellen Reinigungsplan gab und kein Hausmeister für diese Arbeiten zuständig war.
Diese Aussage veranlasste die Polizei, den Tatort erneut zu untersuchen. Bei genauer Betrachtung zeigten sich auf den Fliesen Schleifspuren, die mit einem feuchten Boden vereinbar waren. Zudem fanden Ermittler Rückstände eines handelsüblichen Reinigungsmittels, das üblicherweise nicht im Haus verwendet wurde.

Die Ermittler begannen daraufhin, den Tagesablauf des Opfers zu rekonstruieren. Der Mann hatte am Abend vor seinem Tod noch einen Supermarkt besucht und danach offenbar direkt nach Hause begeben. Telefon- und Nachrichtenverläufe deuteten darauf hin, dass er sich mit niemandem verabredet hatte. Dennoch bleibt unklar, warum er sich zu später Stunde im Hausflur aufhielt.
Ein weiterer Ansatzpunkt ergab sich aus früheren Konflikten innerhalb der Hausgemeinschaft. Nachbarn bestätigten, dass es wiederholt Streit über Lärm, Mülltrennung und gemeinschaftliche Nutzung der Flure gegeben hatte. Insbesondere eine Auseinandersetzung mit einer Person aus dem Erdgeschoss soll wenige Wochen zuvor eskaliert sein. Ob dieser Konflikt in direktem Zusammenhang mit dem Tod steht, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen.
Die Polizei prüft nun mehrere Szenarien. Möglich ist, dass der nasse Boden absichtlich hinterlassen wurde, um einen Sturz herbeizuführen. Ebenso wird untersucht, ob das Opfer bereits vor dem Sturz beeinträchtigt war – etwa durch ein Beruhigungsmittel oder Alkohol. Bisher liegen jedoch keine eindeutigen toxikologischen Befunde vor, die diese Vermutung bestätigen.

Ein besonderes Augenmerk gilt der Frage, wer Zugang zum Gebäude hatte. Zwar ist die Haustür abends verschlossen, doch mehrere Bewohner räumten ein, dass sie diese häufig nicht korrekt schließen. Videoüberwachung existiert in dem Altbau nicht, was die Rekonstruktion der Ereignisse erheblich erschwert.
Für die Nachbarschaft bleibt der Vorfall beunruhigend. Viele Bewohner berichten von einem Gefühl der Unsicherheit. „Man denkt immer, so etwas passiert woanders“, sagte ein Mieter. „Aber plötzlich liegt ein Toter vor der eigenen Wohnungstür.“
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat den Fall offiziell als Todesermittlungsverfahren eingestuft. Ob es sich letztlich um einen Unfall, fahrlässiges Handeln oder ein gezieltes Tötungsdelikt handelt, ist derzeit offen. Fest steht lediglich, dass der scheinbar banale Sturz mehr Fragen aufwirft, als er beantwortet.
Bis zum Abschluss der Ermittlungen bleibt der Tod des 52-jährigen Mannes ein Beispiel dafür, wie dünn die Grenze zwischen Alltag und Verbrechen sein kann – besonders an Orten, die man für sicher hält. In dem alten Wohnblock in Frankfurt ist seitdem nichts mehr ganz so alltäglich wie zuvor.




