Obduktion nach mysteriösem Leichenfund im Wald: Ermittler hoffen auf schnelle Antworten
Pforzheim/Enzkreis – Nach dem erschutternden Fund einer Leiche im dichten Waldgebiet sudlich von Pforzheim stehen Polizei und Rechtsmedizin vor einem komplexen Rätsel. Während die Ermittler am Dienstagnachmittag bis in die Dunkelheit hinein Spuren sicherten, bereitet sich die Rechtsmedizin in Heidelberg nun auf eine entscheidende Obduktion vor, die möglicherweise Klarheit in einem Fall bringt, der viele Fragen aufwirft und eine ganze Region in Atem hält.
Der Fundort liegt abgeschieden, nur uber schmale Waldwege erreichbar. Spaziergänger und Anwohner berichteten später von einer „ungewöhnlichen Stille“ in dem Gebiet, kurz bevor ein deutlicher Verwesungsgeruch die Einsatzkräfte zum Fundpunkt fuhrte. Wie lange der Körper bereits dort lag, ist bislang völlig unklar. Die Beamten der Kriminaltechnik aus Pforzheim und Karlsruhe richteten zunächst einen großflächigen Absperrbereich ein, bevor sie sich systematisch an die Sicherung des Fundorts machten.

Mit Schaufeln und Spezialwerkzeug befreiten sie den Körper Stuck fur Stuck aus dem Waldboden. In welchem Zustand sich die Leiche konkret befand, daruber schweigen die Ermittler – nicht aus Geheimniskrämerei, sondern aus der Sorge, vorschnelle Spekulationen könnten die Angehörigen oder den Verlauf der Ermittlungen unnötig belasten. Sicher ist jedoch: Der Verwesungsgrad lässt darauf schließen, dass der Todeszeitpunkt länger zuruckliegt.
Die wichtigste Frage, die die Ermittler nun beschäftigt, lautet: Wen haben sie im Wald gefunden?
Seit rund vier Wochen wird in der Region der 39-jährige Simon Paulus aus Gräfenhausen vermisst. Seine Familie, Freunde und zahlreiche freiwillige Helfer haben unermudlich nach ihm gesucht. Wälder, Felder und einzelne abgelegene Wege waren bereits mehrfach abgesucht worden – ohne Erfolg. Dass ausgerechnet jetzt, nur wenige Kilometer von seinem Wohnort entfernt, eine unbekannte Leiche entdeckt wurde, schurt Hoffnungen auf Klarheit, aber auch die Angst vor einer tragischen Gewissheit.

Die Polizei betonte am Dienstag erneut, dass es derzeit keinerlei offizielle Bestätigung gibt, dass es sich bei der gefundenen Person um den Vermissten handelt. „Wir ermitteln absolut ergebnisoffen“, sagte ein Sprecher. „Erst die rechtsmedizinische Untersuchung kann uns zuverlässige Hinweise liefern.“
Dazu gehört zunächst die grundlegende Frage, ob die verstorbene Person männlich oder weiblich ist. Aufgrund der unklaren Fundsituation konnten die Einsatzkräfte dies vor Ort nicht eindeutig feststellen. Auch mögliche äußere Verletzungen oder Spuren, die auf Fremdeinwirkung hindeuten könnten, lassen sich erst bei der Obduktion sicher bewerten.
In der Rechtsmedizin in Heidelberg wird am Mittwoch ein großes Team aus Pathologen, Spurenspezialisten und Gerichtsmedizinern erwartet, um die Untersuchung durchzufuhren. Dabei werden nicht nur klassische äußerliche Befunde erhoben, sondern auch modernste forensische Verfahren eingesetzt. DNA-Analysen, toxikologische Untersuchungen und radiologische Aufnahmen sollen möglichst schnell Hinweise darauf liefern, ob es sich um einen Unfall, ein Ungluck, einen medizinischen Notfall oder doch ein mögliches Verbrechen handelt.
Fur die Kriminalpolizei ist die Obduktion ein zentraler Baustein im bisherigen Ermittlungsbild. Parallel dazu wurden bereits weitere Maßnahmen eingeleitet: Zeugenbefragungen im Umfeld des Fundortes, Spurensicherung auf den Forstwegen und eine genaue Auswertung der Fundumgebung. Auch Spurhunde kamen am Dienstagnachmittag zum Einsatz, um potenzielle Gegenstände oder persönliche Habseligkeiten aufzuspuren, die zum Toten gehören könnten.
Vor Ort schilderten Ermittler die Atmosphäre als „hochgradig angespannt“. Der Fundkörper war tief im Waldboden eingebettet, was ein präzises Bergungsverfahren erforderlich machte. Jeder Zentimeter Erde wurde separat gesichert und dokumentiert, um kleinste Hinweise – Kleidungsfasern, Schuhteile, Schmuckstucke oder persönliche Gegenstände – nicht zu ubersehen. Bis in die fruhen Abendstunden war das Waldstuck von Blaulicht, Kamerastativen der Spurensicherung und Scheinwerfern der Feuerwehr erleuchtet.
Währenddessen wuchs in Gräfenhausen und Umgebung die Unruhe. Viele kennen Simon Paulus von der Arbeit, vom Sportverein oder aus dem Ortskern. Seit seiner Vermisstmeldung am ersten Oktoberwochenende gab es unzählige Plakataktionen und Aufrufe in den sozialen Medien. Fur viele Menschen ist die Ungewissheit das Schlimmste. Die Nachricht vom Leichenfund verbreitete sich innerhalb weniger Stunden uber soziale Netzwerke – begleitet von einer Mischung aus Hoffnung, Verzweiflung und besorgtem Schweigen.
Die Polizei bittet daher ausdrücklich darum, Spekulationen zu vermeiden, bis die Ergebnisse der Obduktion vorliegen. „Wir verstehen, dass die Situation viele Menschen emotional belastet. Aber vorschnelle Schlüsse helfen niemandem – weder der Familie des Vermissten noch den Ermittlungen“, so der Polizeisprecher weiter.

Voraussichtlich im Laufe des Mittwochnachmittags sollen erste Erkenntnisse aus der Rechtsmedizin vorliegen. Ob diese bereits zur Identifizierung reichen, bleibt abzuwarten. In manchen Fällen können auch reduzierte biologische Merkmale, fehlende Dokumente oder beschädigte Kleidung zu Verzögerungen führen. Sollte eine DNA-Analyse notwendig sein, könnte sich die endgültige Identifikation um mehrere Tage verzögern.
Noch steht alles im Raum: ein tragischer Unfall, ein medizinischer Notfall, vielleicht ein selbstbestimmtes Verschwinden – oder ein Gewaltverbrechen. Keine der Möglichkeiten ist bislang ausgeschlossen. Für die Angehörigen des Vermissten, aber auch für die Ermittler, die seit Wochen unter Hochdruck arbeiten, wird der Mittwoch ein entscheidender Tag.
Bis dahin bleibt das Waldstück südlich von Pforzheim ein Ort der Fragen – und der Hoffnung auf Antworten.




