Nieuws vandaag

Schwarzwald – Der Fall der verschwundenen Wanderin und das Rudel, das alle Spuren verwischte

Schwarzwald – Der Fall der verschwundenen Wanderin und das Rudel, das alle Spuren verwischte

Der Schwarzwald war an jenem Abend ungewöhnlich still. Selbst der Wind, der sonst ununterbrochen durch die hohen Tannen strich, schien den Atem anzuhalten. Anna Keller, 29 Jahre alt, leidenschaftliche Wanderin aus Köln, war am Freitagmorgen allein zu ihrer zweitägigen Tour aufgebrochen. Die Route war klar markiert, das Wetter stabil, und Anna war erfahren genug, um mit den ublichen Risiken im Wald umzugehen. Doch was in den nächsten 48 Stunden geschah, blieb eines der unheimlichsten Rätsel, das die Polizei Baden-Wurttembergs je erlebt hatte.

Als Anna am Sonntagabend nicht wie geplant zuruckkehrte, meldete ihre beste Freundin sie als vermisst. Die Suchaktion begann noch in derselben Nacht. Zahlreiche Freiwillige, Polizisten und Rettungshundeteams durchkämmten die Gegend. Doch der Wald antwortete nur mit Stille. Kein Handyempfang, kein Hinweis, keine Spur der jungen Frau.

Erst am fruhen Montagmorgen fand ein Suchtrupp den ersten Hinweis: ein zerrissenes Stuck Stoff, das farblich zu Annas Wanderjacke passte. Es lag am Rand eines engen Trampelpfads, der selten genutzt wurde. Schon der erste Blick darauf ließ die Einsatzkräfte frösteln — der Stoff war nicht einfach zerrissen, sondern wirkte, als hätte etwas daran gezerrt, gezogen, daran gerissen. Doch es gab keinerlei Blut, keine Fußabdrucke, nur den Geruch von feuchter Erde und die bedruckende Stille des Schwarzwalds.

Etwa zweihundert Meter weiter entdeckte man schließlich etwas, das den gesamten Einsatz auf den Kopf stellte. Zwischen zwei umgesturzten Baumstämmen lag der leblose Körper einer Frau. Die Kleidung war stark beschädigt, teilweise zerfetzt, als hätte sie sich panisch durch dichtes Unterholz gekämpft oder sei von etwas Grobem und Kräftigem erfasst worden. Ihr Rucksack fehlte, ebenso ihre Stirnlampe.

Die Ermittler sperrten den Bereich sofort weiträumig ab. Die ersten Untersuchungen deuteten darauf hin, dass Anna bereits seit mindestens 24 Stunden tot war. Doch das war nicht das Erschreckendste. Rund um den Fundort fanden die Forensiker eine Vielzahl von Spuren: Pfotenabdrucke, sowohl groß als auch klein, teils frisch in den weichen Boden gedruckt. Schnell wurde klar, dass es sich um ein Wolfsrudel gehandelt haben musste. Im Schwarzwald waren sie zwar selten, aber in den letzten Jahren hatten sich immer wieder Einzeltiere und kleinere Rudel gezeigt.

Doch eines irritierte die Ermittler zutiefst: Die Spuren waren chaotisch, kreuzten sich mehrfach und fuhrten in verschiedene Richtungen. Es wirkte, als hätten die Tiere den Körper bewegt — nicht weit, aber doch spurbar. Es wurden Schleifspuren entdeckt, die eindeutig nicht von Menschen stammten. Eine Pathologin bestätigte schließlich: Die Leiche war nach dem Tod mehrfach verschoben worden. Das Rudel hatte den Körper offensichtlich entdeckt und teilweise uber mehrere hundert Meter im Wald verteilt verschoben, bevor es weiterzog.

Doch warum war Anna uberhaupt gesturzt, verletzt oder kampfunfähig gewesen? Die Polizei konnte zunächst nichts feststellen, was das erklärte. Es gab keine offensichtlichen Bisswunden, die tödlich gewesen wären, und keine Anzeichen, dass das Rudel Anna lebend angegriffen hätte. Die Tiere waren eindeutig erst nach ihrem Tod an den Körper gelangt. Doch was hatte sie zuvor zu Fall gebracht?

Die Ermittler fanden schließlich eine zweite Spur: einen Abdruck, der nicht zu einem Wolf passte. Ein tief eingedruckter Abdruck einer schweren, groben Schuhsohle, fast vollständig von den Spuren der Tiere verwischt. Am Rand des Abdrucks haftete ein winziger Metallspan, dessen Herkunft zunächst unklar blieb. Der Abdruck wirkte frisch — zu frisch, um 48 Stunden alt zu sein. Und er passte nicht zu Annas Schuhen.

War jemand bei ihr im Wald gewesen? Hatte jemand sie verfolgt? Oder war sie jemandem begegnet, der nicht wollte, dass diese Begegnung bekannt wurde?

Die Polizei rekonstruierte schließlich, dass Anna vermutlich am Samstagnachmittag auf einen Unbekannten gestoßen war. Ob es ein Streit war, ein Unfall oder etwas Schlimmeres, blieb ungeklärt. Sicher war jedoch: Die Tiere hatten jede mögliche Spur verwischt. Was immer geschehen war, das Wolfsrudel hatte den Tatort so durcheinandergebracht, dass eine genaue Rekonstruktion nahezu unmöglich wurde.

Der Forensik blieb nur wenig: leichte Prellungen, die auf einen Stoß oder Fall hindeuteten, Kratzer, die vom Wald stammen konnten — oder von einem Angreifer. Kein eindeutiges Motiv, kein Täter, keine Zeugen. Das letzte Foto auf Annas Handy zeigte sie lachend an einem Aussichtspunkt, keine 2 Kilometer vom späteren Fundort entfernt.

Der Fall wurde schließlich als „ungeklärter Tod unter Einwirkung von Wildtieren nach Eintritt des Todes“ eingestuft. Doch die Bewohner des Schwarzwalds erzählten sich bis heute etwas anderes: dass in jener Nacht nicht nur Wölfe im Wald unterwegs waren. Und dass Anna nicht zufällig auf dem einsamen Pfad verschwunden war. Manche sagen, ein Fremder wurde mehrere Tage später im Wald gesehen – schweigsam, mit einer tief verkrusteten Schramme am Arm.

Der Schwarzwald vergisst selten. Aber er schweigt immer. Ai hemmt.

LEAVE A RESPONSE

Your email address will not be published. Required fields are marked *