Spurlos verschwunden nach Schulschluss: Das Rätsel um eine 13-Jährige aus Werne

WERNE (NRW) – Es ist der Albtraum jeder Eltern: Ein Kind geht morgens zur Schule und kehrt nach dem Läuten der letzten Glocke nicht mehr zurück. Seit Mittwoch, dem 17. Dezember 2025, herrscht in der beschaulichen Stadt Werne im Münsterland nackte Angst. Eine 13-jährige Schülerin ist verschwunden. Die Ermittlungen der Polizei offenbaren nun Details, die auf eine perfide Manipulation im Internet hindeuten.
Die Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt von Werne wirkt in diesen Stunden wie ein hämischer Kontrast zu der Verzweiflung, die sich im Haus der Familie der Vermissten breitmacht. Gegen 13:30 Uhr endete am Mittwoch der Unterricht an der örtlichen Gesamtschule. Mitschüler sahen das Mädchen noch kurz auf dem Schulhof, wie sie auf ihr Smartphone blickte, bevor sie sich in Richtung der Bushaltestelle entfernte. Doch zu Hause kam sie nie an.
Die digitale Spur ins Verderben

Zunächst hofften die Eltern an ein Missverständnis, an einen verspäteten Bus oder einen spontanen Besuch bei einer Freundin. Doch als das Mädchen am frühen Abend immer noch nicht erreichbar war und ihr Mobiltelefon plötzlich komplett abgeschaltet wurde, schaltete die Familie die Polizei ein.
IT-Spezialisten der Kriminalpolizei gelang es noch in der Nacht, Zugriff auf die Cloud-Daten des Mädchens zu erhalten. Die Auswertung ist erschütternd: Die 13-Jährige stand offenbar über Monate hinweg in engem Kontakt mit einer unbekannten Person über eine Gaming-Plattform und einen verschlüsselten Messenger-Dienst. Die Ermittler sprechen von „Grooming“ – der gezielten Anbahnung von Kontakten durch Erwachsene mit Minderjährigen in Missbrauchsabsicht.
„Die Chats zeigen ein Bild systematischer psychologischer Manipulation“, erklärt ein Sprecher der Polizei. „Dem Mädchen wurde eine Scheinwelt vorgegaukelt. Der Täter hat offenbar ihr Vertrauen gewonnen und sie schließlich zu einem Treffen außerhalb von Werne überredet.“
Letzter Standort: Ein abgelegenes Waldstück
Die letzte Ortung des Smartphones vor dem Ausschalten führt die Ermittler an den Rand eines abgelegenen Waldstücks nahe der Autobahnauffahrt zur A1. Dort verliert sich die Spur. Es gibt keine Zeugen, die das Mädchen dort gesehen haben, doch die Polizei vermutet, dass sie dort in ein bereitgestelltes Fahrzeug gestiegen ist.
Besonders besorgniserregend: Die Ermittler fanden heraus, dass das Mädchen unmittelbar vor ihrem Verschwinden ihre gesamten Ersparnisse von ihrem Sparbuch abgehoben hatte. Ein Indiz dafür, dass sie glaubte, in ein „neues Leben“ aufzubrechen, während sie in Wirklichkeit vermutlich in eine Falle gelockt wurde. Es ist ein Szenario, das die Polizei als „geplantes Verschwinden unter Zwang oder Täuschung“ einstuft.
Wettlauf gegen die Kälte und die Zeit
Seit den frühen Morgenstunden ist eine Hundertschaft der Polizei im Einsatz. Mit Spürhunden und einer Drohnenstaffel wird das Gebiet rund um den letzten Ortungspunkt abgesucht. Die Sorge wächst, da die Temperaturen in der Nacht unter den Gefrierpunkt gefallen sind und das Kind ohne angemessene Winterbekleidung für einen längeren Aufenthalt im Freien unterwegs war.
Die Ermittler prüfen nun fieberhaft die Aufnahmen von Überwachungskameras an Tankstellen und Autobahnraststätten in der Region, um ein mögliches Fluchtfahrzeug zu identifizieren. „Wir gehen davon aus, dass sich die Vermisste nicht mehr im Stadtgebiet von Werne aufhält. Der Täter hat sie vermutlich bereits weit weggebracht“, heißt es aus Ermittlerkreisen.
Dringender Zeugenaufruf

Die Polizei bittet die Bevölkerung um äußerste Wachsamkeit.
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Hat jemand am Mittwochmittag oder -nachmittag Beobachtungen an der Schule oder an der Autobahnauffahrt gemacht?
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Wurde ein unbekanntes Fahrzeug mit auswärtigem Kennzeichen gesehen, das längere Zeit im Bereich der Schule parkte?
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Wer hat Hinweise zu Personen, die im Internet unter falscher Identität Kontakt zu Jugendlichen in Werne suchen?
Hinweise nimmt die Polizeiwache Werne unter der Telefonnummer 02389 / 921 3420 oder der Notruf 110 entgegen.
Die Zeit drängt. Die Familie hofft inständig, dass ihr Kind die Gefahr erkennt und einen Weg findet, auf sich aufmerksam zu machen, bevor die Spur endgültig erkaltet.




