Toter Mann in der Amstel bei Weesperzijde: Unfall oder sorgfältig verschleiertes Verbrechen?
Amsterdam – Der fruhe Dienstagmorgen begann ruhig an der Weesperzijde, bis ein Spaziergänger gegen 6.40 Uhr etwas Ungewöhnliches im Wasser der Amstel bemerkte. Wenige Minuten später war klar: Es handelte sich um den leblosen Körper eines Mannes. Die alarmierten Rettungskräfte sperrten den Bereich ab, Taucher bargen die Leiche. Was zunächst als tragischer Unfall eingestuft wurde, wirft inzwischen Fragen auf, die weit uber einen simplen Sturz ins Wasser hinausgehen.
Die Polizei identifizierte den Verstorbenen als Joris van Dalen (42), einen freiberuflichen Finanzberater aus Amsterdam-Oost. Offiziell hieß es, es gebe keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen. Doch Aussagen aus dem Umfeld des Mannes zeichnen ein deutlich komplexeres Bild.

Ein Mann unter Druck
Van Dalen galt als intelligent, aber zuruckgezogen. In den vergangenen Monaten hatte er sich zunehmend isoliert, soziale Kontakte abgebrochen und Einladungen konsequent abgesagt. Seine Schwester Marieke van Dalen beschreibt eine deutliche Veränderung:
„Er war nicht mehr derselbe. Er wirkte nervös, schaute sich ständig um, als hätte er Angst, verfolgt zu werden.“
Freunde berichten, Van Dalen habe zuletzt angedeutet, „in etwas hineingeraten“ zu sein, das größer sei als er selbst. Details nannte er jedoch nie. Gespräche wurden abrupt beendet, Treffen kurzfristig abgesagt.
Die letzten Stunden
Nach bisherigen Erkenntnissen verbrachte Van Dalen den Abend vor seinem Tod in einem Café im Osten der Stadt. Zeugen wollen gesehen haben, wie er dort mit einem Mann sprach, den er offenbar kannte. Die Stimmung sei angespannt gewesen. Gegen 23 Uhr verließ Van Dalen das Lokal allein und machte sich zu Fuß in Richtung Amstel auf.
Ob er verfolgt wurde oder freiwillig jemanden traf, ist unklar. Fest steht: Wenige Stunden später wurde sein Körper aus dem Wasser geborgen.
Widerspruche am Fundort
Forensiker fanden keine offensichtlichen Verletzungen, die sofort auf massive Gewalt hindeuteten. Dennoch wirft der Fundort Fragen auf. Die Stelle an der Weesperzijde gilt als ubersichtlich, gut beleuchtet und wird auch nachts von Radfahrern genutzt. Ein versehentlicher Sturz erscheint fur viele Anwohner ungewöhnlich.
Ein Hausbootbewohner, der seit Jahrzehnten dort lebt, sagt:
„In 45 Jahren habe ich hier vieles gesehen, aber so etwas nicht. Man fällt hier nicht einfach ins Wasser.“
Mehrere Anwohner berichten zudem von Stimmen und einem lauten Geräusch in der Nacht – zu unklar, um es eindeutig zuzuordnen, aber beunruhigend genug, um Zweifel zu säen.

Ein möglicher Konflikt
Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht ein alter geschäftlicher Konflikt. Van Dalen hatte vor Jahren mit einem ehemaligen Geschäftspartner zusammengearbeitet. Das Projekt scheiterte, es kam zu finanziellen Verlusten und einem Rechtsstreit, der nie vollständig geklärt wurde.
Ob dieser Konflikt eine Rolle spielte, ist offiziell nicht bestätigt. Doch Ermittler prufen derzeit Kontakte, Telefonverbindungen und Bewegungsprofile aus den letzten Tagen vor dem Tod.
Angst in der Nachbarschaft
Der Fund reiht sich ein in eine Serie beunruhigender Ereignisse entlang der Amstel in den vergangenen Wochen. Auch wenn die Polizei betont, es gebe keinen Zusammenhang, wächst die Unsicherheit in der Nachbarschaft spurbar.
Viele Anwohner meiden den Uferweg nach Einbruch der Dunkelheit. Cafés schließen fruher, Spaziergänge werden kurzer.
„Man fragt sich automatisch: War das wirklich ein Unfall? Oder ubersehen wir etwas?“, sagt eine Anwohnerin.
Offene Fragen
Warum wirkte Joris van Dalen so verängstigt?
Mit wem traf er sich in seiner letzten Nacht?
Und warum endete sein Weg ausgerechnet im Wasser der Amstel?
Die Polizei kundigte eine umfassende Obduktion an, um die genaue Todesursache festzustellen. Bis dahin bleibt der Fall offiziell ein tragischer Todesfall ohne Fremdverschulden – inoffiziell jedoch ein Rätsel, das viele nicht loslässt.
Ein stilles Ende
Während die Amstel ruhig weiterfließt, bleibt der Tod von Joris van Dalen ein stiller, aber schwerer Schatten uber der Weesperzijde. Ob Unfall oder Verbrechen – fur seine Familie ist nur eines sicher:
Die Angst, die ihn in seinen letzten Monaten begleitete, war real. Und sie könnte der Schlussel zu der Wahrheit sein, die noch unter der Oberfläche verborgen liegt.




